Mit der Bauausführung der am Würmsee-Stadion errichteten Dreifachsporthalle („Würmsee-Halle“) wurde 2008 begonnen, also unter der Verantwortung des derzeitigen Bürgermeisters.
Pfusch am Bau
Schon bald nach Baubeginn zeigten sich erste Mängel. Ersichtlich kam der ausführende Architekt seinen Bauüberwachungspflichten nur unzureichend nach. Der Anwalt der Gemeinde forderte daher am 1.2.2010 den derzeitigen Bürgermeister auf, „ehestmöglich Maßnahmen (zu) treffen, um die Wahrnehmung der Bauherrenaufgaben zu optimieren“ und auch den Architekten zu kontrollieren. Bereits am 20.1.2010 hatte auch der Kommunale Prüfungsverband den derzeitigen Bürgermeister aufgefordert, die notwendigen personellen Voraussetzungen für die Baubetreuung durch die Verwaltung zu schaffen, eventuell durch Aufgabenumverteilung innerhalb der Verwaltung.
Ende Januar 2010 erhielt der Gemeinderat in Sachen Dreifachsporthalle einen „Vermerk“ des Bürgermeisters, in dem er von einer Besprechung mit dem Architekten Elbl und dem Vorsitzenden des TSV Tutzing, Herrn Dillmann, berichtet und ausführt: „Gegenstand der Besprechung war die Abstimmung des weiteren Verfahrens: Die Angelegenheit „Dreifachsporthalle“ ist ab sofort Chefsache. Die Korrespondenz wird unmittelbar von Herrn Architekt Elbl mit mir geführt. Sämtliche Schreiben, die diese Angelegenheit betreffen, werden über mein Büro abgewickelt.“ Außerdem werde „nunmehr eine wöchentliche Berichterstattung von Herrn Elbl im Rathaus erfolgen. An dieser regelmäßigen Besprechung wird auch Herr Ulrich Dillmann teilnehmen. (der Fettdruck findet sich so auch im Originaldokument).
Offenbar diente diese Ankündigung des Bürgermeisters, seine als Chef der Verwaltung bestehenden Bauüberwachungspflichten künftig ernst zu nehmen, allein der Beruhigung des Gemeinderats und der Mitglieder des TSV Tutzing. Eine intensivierte Wahrnehmung der Pflicht zur Bauüberwachung durch den Bürgermeister war aber auch danach nicht erkennbar. Trotz der Erhebung zur „Chefsache“ nahmen die Mängel überhand, eine wirksame Mängelverhinderung und -beseitigung erfolgte jedenfalls nicht.
Freigabe der Würmsee-Halle
Vor seiner Entscheidung, die Würmsee-Halle trotz bestehender Mängel zur Nutzung freizugeben, führte der Gemeinderat am 15.02.2011 eine Besichtigung durch. Gut sichtbar waren umher stehende Eimer, mit denen Tropfwasser vom Dach aufgefangen wurde. Die Würmsee-Halle wurde vom Gemeinderat zum 31.3.2011 zur Benutzung freigegeben, nachdem der Sachverständige Geuther erklärt hatte, es handele sich um keine sicherheitsrelevanten Mängel und der derzeitige Bürgermeister zugesichert hatte, dass sämtliche Mängel in den Sommerferien 2011 beseitigt würden.
Leben mit den Mängeln
Eine Beseitigung der Mängel fand aber weder in den Sommerferien 2011 noch später statt. Der Bürgermeister war mehr damit beschäftigt, die riesige Liste für die offizielle Eröffnung im Juli 2011 zusammen zu stellen, mit mehr als 150 vorgesehenen Gästen aus Bundes- und Landespolitik, Bürgermeistern von Krailling bis Kochel und viele andere Gästen, von denen aber nur ganz wenige kamen.
Hinsichtlich der Mängel beschränkte sich der derzeitige Bürgermeister im Wesentlichen darauf, Gutachten zur Vorbereitung von Rechtsstreitigkeiten in Auftrag zu geben. Die tatsächliche Beseitigung der Mängel und Schäden wurde weiterhin nicht angepackt. Auf Anfragen im Gemeinderat erklärte der derzeitige Bürgermeister wiederholt, mit der Sanierung des Daches könne bis zur Klärung der Haftungsfragen zugewartet werden und versicherte, der Schaden werde sich dadurch nicht vergrößern.
Sanierungskosten der Würmsee-Halle
Vom tatsächlichen Zustand des Daches erfuhr der Gemeinderat im Juli 2013 durch das Gutachten des Sachverständigen Flotzinger, der allein für die Dachsanierung Kosten von ca. € 500.000 nannte. Ein daraufhin vom Gemeinderat mit der Koordinierung der Sanierungsarbeiten beauftragter Sachverständiger rechnet mit Gesamtkosten für die Instandsetzung von € 1 bis 1,5 Mio. Das Sanierungsbüro führt derzeit die Planung und Ausschreibung für die Sanierungsarbeiten durch.
Wer trägt die Kosten?
Für die gesamten Sanierungskosten müssen zunächst anteilig zu etwa 4/5 die Gemeinde, zu etwa 1/5 der TSV Tutzing als Gebäudeeigentümer in Vorleistung treten.
Da die Haftpflichtversicherung des Bau ausführenden Architekten Elbl eine Zahlung ablehnt, haben die Gemeinde und der TSV Tutzing im Dezember 2013 Klage gegen den Architekten und eine Spenglerei erhoben. Ob und ggf. in welcher Höhe der Gemeinde bzw. dem TSV Tutzing ihre anstehenden Sanierungsaufwendungen erstattet werden, ist völlig offen. Wegen der komplexen rechtlichen und tatsächlichen Fragen der Angelegenheit ist, sollte das Verfahren durch die Instanzen geführt werden, mit einer Verfahrensdauer von vielen Jahren zu rechnen.
Verantwortung
Die Überwachungsaufgaben der Gemeinde als Bauherr wurden vom Rathaus nur unzulänglich wahrgenommen. Da es sich bei dieser Aufgabe in der Tat um eine „Chefsache“ handelt, haftet der Bürgermeister als „Chef der Verwaltung“. Wie in anderen Fällen auch sucht der derzeitige Bürgermeister die Schuld für eigenes Fehlverhalten aber anderen zuzuweisen. Nach seiner Vorstellung soll nicht er, sondern das Gemeinderatsmitglied Wolfgang Marchner die Verantwortung tragen. Herr Marchner hat seit 2009 immer wieder die Baustelle besichtigt. Dabei sind ihm erhebliche Mängel aufgefallen, von denen er dem Bürgermeister in mehreren Schreiben berichtet hat, ohne darauf auch nur eine Antwort zu erhalten. Aus diesen eigenverantwortlich durchgeführten Baustellenbegehungen leitet der derzeitige Bürgermeister ab, dass Herr Marchner doch „Bürgermeisterbefugnisse“ wahrgenommen habe; ein dreister und absurder Versuch, die eigene Verantwortung auf Dritte abzuwälzen.
Starnberger Merkur – 17. 10. 2013